20. Mai 2021. Im neu aufgelegten Online-Workshop „Geflüchtete sicher ausbilden – Ausbildungsduldung“ haben sich Mitarbeitende von Unternehmen und Institutionen aus dem Bereich Bau, Einzelhandel, KFZ-Service, Handwerk, Krankenpflege, Soziale Dienste und der Arbeitsagentur Marburg-Biedenkopf ausgetauscht. Durch die Ausbildungsduldung sind Geflüchtete mit unsicherem Aufenthaltsstatus für die Dauer der Ausbildung vor der Abschiebung und bei anschließender Beschäftigung im Ausbildungsberuf (3+2-Regelung) geschützt. Dadurch entsteht auch für Unternehmen Planungssicherheit.
Jana Borusko, BLEIB-Rechtsexpertin beim hfr, erklärte, was zu beachten ist, wenn Betriebe eine/n Geflüchteten einstellen wollen, die/der eine Duldung hat. Gemeinsam mit den Berater/innen von BLEIB in Hessen II Christoph Rettler (Praxis GmbH), Susana Holla (ZAUG gGmbH) und Jana Borusko (hfr) wurden drei Praxisbeispiele genauer beleuchtet:
Malerbetrieb Pitz aus Pohlheim bei Gießen. Das Familienunternehmen stellte Najib aus Afghanistan 2018 als Auszubildenden ein. Er hatte eine sogenannte „Kettenduldung“, das heißt seine Duldung musste immer wieder nach sechs Monaten verlängert werden. „Wichtig war für uns, dass wir kompetente Ansprechpartner/innen an der Seite hatten. Wir bekamen Hilfe bei dem gesamten formalrechtlichen Prozess. Jetzt steht Najib kurz vor seiner Abschlussprüfung und wir drücken ihm die Daumen“, berichtet Andrea Pitz, Geschäftsleiterin.
Der Bio-Laden „Onkel Emma“ in Marburg stellte Ahsan als Auszubildenden ein, dem die Abschiebung drohte. Das Unternehmen wollte ganz bewusst ein Zeichen setzen und diesem jungen Mann aus Afghanistan helfen. Bisher war „Onkel Emma“ kein Ausbildungsbetrieb. Das wurde geändert für Ahsan, weil er nur mit einer Ausbildungsduldung vor der Abschiebung geschützt ist. Jetzt ist er mit seiner Ausbildung fertig und arbeitet als Verkäufer im Unternehmen.
Bei Reifen-Brod, einer KFZ-Werkstatt und Reifen-Service aus Lauterbach in Osthessen, ist eine Ausbildungsduldung für August 2021 geplant. Bereits seit September 2020 möchte der Betrieb Amir aus dem Iran einstellen. Er hatte allerdings ein Arbeitsverbot, da er keinen Pass vorweisen konnte. Um eine Ausbildungsduldung zu erlangen, wurde von BLEIB in Hessen II u.a. eine Petition beim Hessischen Landtag eingereicht. Von Monat zu Monat wurde der Betrieb über den Stand informiert. Schließlich bekam Amir im Februar 2021 seine Duldung und konnte direkt im März in eine Einstiegsqualifizierung (EQ) starten als Vorbereitung für die Ausbildungsduldung ab August. Die Empfehlung von Reifen-Brod ist ganz klar: Betriebe sollten keine Angst haben vor der Einstellung von Geflüchteten. Es gibt Ansprechpartner/innen bei der Handwerkskammer, beim Kreis und natürlich bei BLEIB in Hessen II. „Wir hatten volle Unterstützung seitens der Behörden, alle zogen an einem Strang. Jetzt sind wir froh, dass wir so lange gewartet haben“ meint Frau Wolf, Personalbeauftragte bei Reifen-Brod.