Eröffnungsveranstaltung zur Wanderausstellung verdeutlichte, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen Eingliederungshilfe und Flüchtlingsarbeit ist, damit geflüchteten Menschen mit einer Behinderung geholfen werden kann.
Geflüchtete Menschen mit einer Behinderung, erleben große Hürden und Schwierigkeiten, den Alltag in unserem Land zu bewältigen. Ein Grund dafür ist, dass Betroffene oftmals keinen Zugang zu Informationen und Unterstützungsangeboten haben. Nach Schätzungen haben zehn bis 15 Prozent aller geflüchteten Menschen eine Behinderung. Die Wanderausstellung „Flucht, Migration und Behinderung – Einblicke und Erfahrungen zum Leben in Deutschland“ zeigt eindrucksvolle Ausschnitte aus den vielfältigen Lebenswirklichkeiten betroffener Familien in den Bereichen Beratung, Selbsthilfe und Freizeit sowie Arbeit und Sprache. Ins Marburger Rathaus eingeladen hatte BLEIB!dabei gemeinsam mit dem von Aktion Mensch geförderte Projekt „Die inklusive PR“ der Neuen Arbeit Marburg.
„Wir haben für Sie diese Ausstellung nach Marburg geholt, um auf die Situation geflüchteter Menschen mit einer Behinderung aufmerksam zu machen, Hürden zu identifizieren, Brücken zu bauen und mögliche Lösungswege zu finden“, wand sich Angelika Funk, erste Vorsitzende des Mittelhessischen Bildungsverbands, an die etwa 50 Gäste im Marburger Rathaus. Unter ihnen waren Akteure der Flüchtlingshilfe, der Teilhabeberatung, Interessierte und Betroffene. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spieß betonte den steigenden Bedarf an besseren Unterstützungswegen, der eine faire Teilhabe in Marburg ermöglichen kann. Für Rika Esser, Behindertenbeauftragte des Landes Hessen, trifft die Ausstellung den Nerv der Zeit. Ursula Häuser von der LAG Selbsthilfe (Landesarbeitsgemeinschaft Hessen) fordert Betroffene auf, auf Vereine der Selbsthilfe zuzugehen, um Unterstützung zu finden. Es mache keinen Sinn, sich zu separieren und Schwierigkeiten allein bewältigen zu wollen, so Häuser.
Timmo Scherenberg vom Hessischen Flüchtlingsrat zieht den Rahmen zur aktuellen Entwicklung der Flüchtlingspolitik. Besondere Schutzbedarfe werden zu Beginn eines Asylverfahrens gar nicht erhoben, Hilfsmittel würden nicht zur Verfügung gestellt, so Scherenberg.
Umso wichtiger sei die konkrete Hilfe vor Ort. BLEIB-Berater Christoph Rettler von der Praxis GmbH, Bernd Gökeler von der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) diskutierten im anschließenden Fachgespräch mit MINA-Geschäftsführerin Yildiz Akgün, die seit über 10 Jahren an der Schnittstelle Flucht und Behinderung arbeitet. Auf die Frage der Moderatorin Merhawit Desta vom Caritasverband Limburg, welche Bedarfe es hier in Marburg gebe, waren dies die klaren Antworten: Es brauche Kommunikation, Geld, Zeit, Geduld und eine kontinuierliche öffentliche Sensibilisierung für das Themenfeld. Eine engere Vernetzung der bisher nebeneinander laufenden Systeme der Flüchtlingshilfe und der Teilhabeberatung sei notwendig. Ganzheitliche Hilfen sind gefragt und Informationen in allen Bereichen, die auch bei den Geflüchteten mit Behinderung ankommen.
Das Flüchtlingsberatungsnetzwerk BLEIB!dabei will sich hier weiter engagieren, einen zusätzlichen Schwerpunkt in der Beratungsarbeit von Geflüchteten setzen und erste Ideen, Ergebnisse und Lösungsansätze im Netzwerk in Hessen und auf Bundesebene kommunizieren. Eine Zusammenarbeit der BLEIB-Beratung mit den Beratenden der EUTB hat in Marburg bereits begonnen.
Die Wanderausstellung „Flucht, Migration und Behinderung – Einblicke und Erfahrungen zum Leben in Deutschland“ ist noch bis 25. Juli 2023 im Marburger Rathaus zu besichtigen (Erdgeschoss), während der Öffnungszeiten Mo – Do 8:00 – 17:00 Uhr und Fr 8:00 Uhr – 12:00 Uhr. Eintritt frei.
Die Ausstellung ist Teil des Projektes Vielfalt inklusiv von MINA – Leben in Vielfalt e. V. Sie wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und für Antirassismus.
Weitere Infos zur Wanderausstellung unter https://mina-vielfalt.de/wanderausstellung.